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1900 – 1909 Der erste steuerbare Motorflug

„… wenn eine Maschine zur Verfügung steht, welche durch überzeugende Vorführung unter Beweis stellt, daß sie des horizontalen Fluges fähig ist und einen Steuermann tragen kann.“

Auszug: Schreiben vom Zeugamt der U.S. Armee 1905

Die Wrights waren Junggesellen und Söhne eines verwitweten protestantischen Bischofs, der einer kleinen Sekte, den United Brethren vorstand. Zur Familie gehörten noch der verheiratete Bruder Lorin und die von allen innig geliebte Schwester Katharine, die den Wrightschen Haushalt mit Umsicht leitete. Die religiöse Welt des Elternhauses prägte den Charakter der beiden Brüder in zweierlei Hinsicht. Da war zunächst die strenge und patriarchalische Ehrbarkeit des Vaters, der sie Pflichtbewußtsein und Rechtschaffenheit lehrte. Ferner schrieben und sprachen sie, da sie gleichsam mit der Bibel aufgewachsen waren, ein ausgezeichnetes Englisch; einfach, klar und ausdrucksstark.

Das kam ihnen sehr zustatten, als sie mit ihren aeronautischen Studien begannen und mit dem großen amerikanischen Luftfahrtpionier Octave Chanute sowie einer im Lauf der Jahre wachsenden Zahl an ihren Projekten interessierten oder beteiligter Männer in briefliche Verbindung traten. Die Brüder erhielten die zu jener Zeit übliche Erziehung und gingen dann ihrer eigenen Wege. Sie wurden erstklassige Mechaniker. Nachdem sie ein gutgehendes Fahrradgeschäft aufgemacht hatten, konstruierten sie ein hervorragendes Fahrrad und fertigten es in eigener Produktion. Die technischen Kenntnisse, die sie hierbei erwarben, sollten ihnen später von großem Nutzen sein, als sie sich mit dem Entwerfen und dem Bauen von Flugzeugen beschäftigten.

Ebenso begabt zeigten sie sich bei der Erforschung aerodynamischer Gesetze, deren Ergebnisse auch spätere Physiker und Aerodynamiker, wie den Ungarn Theodor von Karman, noch in Erstaunen setzten. Tausende von Notizen, Diagrammen und Briefen, von denen viele bis heute veröffentlicht wurden, sind Beweis genug für die Begabung der Brüder Wirght. Fast ebenso wichtig war ihr fliegerisches Talent, das beide Brüder in gleichem Maß entwickelten. Sie waren nicht nur die ersten Menschen, die flogen, sondern gleichzeitig auch die ersten wirklichen Piloten. Freunde der beiden äußerten, daß er schwierig gewesen wäre zu entscheiden, wer von ihnen der bessere Flieger war.

Durch die Veröffentlichungen der Flugversuche von Lilienthal wurden die Gebrüder Orville(1871-1948) und Wilbur(1867-1912) Wright auf die bemannte Fliegerei aufmerksam. Sie waren es auch die die Steuerung durch eine Gewichtsverlagerung (wie es Lilienthal benutzte), durch ziehen von Drähte, die die Querstabilität durch gegenläufiges Auf- und Absenken der Flügelspitzen herstellten, ersetzten. Daraus entwickelte sich das Querruder.

Ihr erster Gleiter wurde 1900 in Kill Devil Hills North Carolina (eine Gegend mit gleichmäßigem steifem Wind, sanfte Hügeln und weichen Landeflächen) erprobt und hatte verwindbare Tragflächen. Gleiter Nr. 2 aus dem Jahre 1901 erwies sich als zu groß und zu schwer zu beherrschen, und von da an verließen die Wrights sich nicht mehr auf Lilienthals Studien, sondern führten eigene Untersuchungen durch, bei denen sie auch Modelle von Flügelformen im Windkanal testeten.

Gleiter Nr.3 entstand im September 1902 und wurde auch gleich zum Patent angemeldet. Als nächstes war die Frage des Antriebes relevant. Sie bauten daraufhin Ihren eigenen wassergekühlten Vierzylindermotor, und auch der Propeller entstand nach eigenen Experimenten. Über die Sommermonate wurde in Kitty Hawk daraufhin Gleiter Nr. 3 auf den Einsatz als Motorflugzeug umgebaut.

Schauplatz des ersten Motorfluges war die sandige, dem Wind ausgesetzte Atlantikküste in den Dünen von Kill Devil, sechs oder sieben Kilometer südlich des kleinen Fischerdorfes Kitty Hawk in Nord – Carolina. An einem Donnerstag, dem 17.12.1903, standen Wilbur und Orville Wright früh auf und hißten eine Signalflagge, um den Männern in der Lebensrettungsstation von Kill Devil anzuzeigen, daß sie einen Flugversuch unternehmen wollten. Vier Männer, ein Junge und sein Hund kamen herüber um zuzuschauen. Einer der Männer bediente eine Kamera, mit der das Geschehen festgehalten werden sollte.

Bald nach zehn Uhr, während eine frische Brise von Norden wehte, wurde die letzten Vorbereitungen getroffen. Das Flugzeug, auf den Namen Flyer getauft, war ein Doppeldecker, der das Höhenruder vorn und hinten ein doppeltes Seitenruder hatte. Es besaß einen 12 PS starken eigenentwickelten Benzinmotor, der auf der unteren Tragfläche montiert war und über verkleidete Fahrradketten zwei Druckschrauben hinter den Flügeln antrieb. Die Tragflächen selbst waren verwindbar, das heißt, man konnte ihnen einen entgegengesetzten Ausschlag geben, so daß sie in unterschiedliche Winkel zum Luftstrom standen.

Diese Konstruktion erlaubte es in Verbindung mit dem Seitenruder, die Maschine zum Kurvenflug nach Belieben in Schräglage zu bringen und bildete die wesentlichste Errungenschaft der Wrightschen Versuche zur Flugsteuerung. Der zerbrechlich anmutende, in Wirklichkeit jedoch sehr robuste kleine Doppeldecker konnte wegen des sandigen Bodens nicht auf Rädern starten und landen und besaß deshalb Gleitkufen. Die Brüder hatten die Idee gehabt, parallel zur Windrichtung etwa fünfzehn Meter lange hölzerne Schienen zu bauen, über die ein kleiner, frei bewegliches Laufwerk rollen konnte, auf das das Flugzeug mit seinen Landekufen gesetzt wurde.

Der Pilot lag bäuchlings in der Mitte auf der unteren Tragfläche. Die Maschine wurde durch einen Draht gehalten, bis der Motor auf seine maximale Tourenzahl beschleunigt war. In diesem Augenblick löste der Pilot den Haltedraht, und die Flyer sauste die Schiene entlang. Sobald die Geschwindigkeit so groß war, daß die Tragfläche Auftrieb bekamen, hob das Flugzeug vom Laufwerk ab. Vor den ersten Flugversuch, der am 14.12.1903 stattfinden sollte, hatten die Brüder eine Münze geworfen, um zu entscheiden, wer von ihnen starten dürfe, und Wilbur gewann.

Er bediente die Steuerung jedoch nicht mit dem gebotenen Fingerspitzengefühl, so daß die Maschine absackte und schon kurz hinter der Schiene durch den Sand pflügte. Am 17.12.1903 kam Orville an die Reihe. Gegen 10:30 Uhr war alles zum zweiten Startversuch bereit. Orville Wright brachte den Motor auf höchste Touren; er löste den Haltedraht; die Flyer raste über die Schiene; schon erhob sie sich in die Luft und blieb ungefähr 12 Sekunden oben. Da sie kräftigen Gegenwind hatte, war sie in Wirklichkeit beträchtlich weiter geflogen als die nur knapp 70 Meter, die als Entfernung zwischen Start- und Landeplatz über Grund gemessen wurden.

Diesem Flug folgten noch weitere Versuche. An jenem Vormittag wurden noch drei Flüge unternommen, bei denen sich die Brüder abwechselten. Der vierte Flug mit Wilbur als Pilot dauerte schon 59 Sekunden, in denen eine auf dem Boden gemessene Strecke von knapp 260 Meter zurückgelegt wurde, was mehr als 800 Meter in der Luft entsprach. Es ist interessant, daß es bis zum November 1906 dauern sollte, bis wieder ein Mensch in der Lage war, sich mit einem Flugzeug 12 Sekunden in der Luft zu halten. Und erst im November 1907 gelang es jemanden, 59 Sekunden lang zu fliegen. Das lag vor allem daran, daß die Brüder Wright erst im Jahr 1908 die praktische Fliegerei wieder aufnahmen. . Leider blieb der erhoffte finanzielle Erfolg danach leider aus und die amerikanische Armee schlug 1905 das Angebot, Ihr Flugzeug einzusetzen, aus.

Die Wrights wandten sich daraufhin an die brit. und franz. Regierung, doch auch dort schlug man nicht auf das erhoffte Interesse. Am 16.10.1905 gaben die Brüder auf und unternahmen bis zum 6.5.1908 keine weiteren Flüge bzw. gestatteten keinem Ihren „Flyer“ getauftes Flugzeug zu begutachten. Sie waren jedem anderem Flugpionier um Jahre voraus, aber keiner sah diesen Fortschritt.

Schuld waren die Brüder hierfür zum Teil auch selbst, den die peinlich genauen Wrights, Söhne eines Bischofs der Brüdergemeinde, waren sittenstreng erzogen und hielten nichts davon, für Ihr Projekt die Werbetrommel zu rühren. Es waren zwar Berichte und Fotografien Ihres Erfolges um die Welt gegangen aber die Berichte war zum Teil nicht genau bzw. teilweise konfus und blieben daher meist ungeachtet.

Sie legten auch zu viel Wert auf die Einreichung von Patenten, als Ihre Erfahrungen zu veröffentlichen. Es war auch sicher aus Ihrer Sicht verständlich Ihre Maschine vor event. Spionen und rücksichtslosen Konkurrenten zu verstecken. Zumal die brit. Regierung verlangte, erstmal ihr Flugzeug einer genauen Inspektion zu unterziehen, bevor überhaupt ein event. zustandekommender Vertrag in Aussicht gestellt wurde. Doch diese Zurückhaltung hatte nur zur Folge, daß die Entwicklung der Luftfahrt die beiden überholte.

Erst nachdem in Europa zahllose erfolgversprechende Fluggeräte entwickelt wurden und auch tatsächlich flogen, entschlossen sich die Brüder Wright 1908 aus der Versenkung wieder aufzutauchen. Im Februar hatte sie endlich erfolgreich Verträge mit der U.S. Regierung unterzeichnet und den Lizenzbau ihrer Flyer durch eine Firma in Frankreich organisiert.

Im Mai 1908 reiste Wilbur nach Le Mans und führte dort seinen Flyer vor, Orville zog nach Washington, um die Zweifler in der Army zu überzeugen. Am 8. August 1908 startete Wilbur Wright vor Hunderten von Zuschauern, den kritischsten Fluginteressenten in ganz Frankreich; er zog in einer Minute und 45 Sek. zwei elegante Kreise und landete dann sanft. Dieser Flug war so beeindruckend, daß er in der darauffolgenden Zeit immer längere und höhere Flüge unternahm.

Zum ersten Mal war dem stauenden Publikum klar geworden, was es bedeutete ein Flugzeug wirklich steuern zu können. Dieser erfolgeichen Demonstration waren zahlreiche Studien und Verbesserungen der Flyer vorangegangen. Von 1904 mit dem Flyer II, hierauf 1905 der Flyer III, mit der es erstmals gelang ohne weiteres eine halbe Stunde in der Luft zu bleiben. Mit diesem Typ gelang es auch Kurven, Kreise, und Achten zu fliegen, so daß man von der Flyer III von einem ersten funktionstüchtigen Flugzeug überhaupt sprechen konnte. Bis September 1908 vermochte kein anderes Flugzeug, sie in bezug auf die Flugdauer zu übertreffen.

Auch Orville feierte großen Erfolg in Washington, obwohl ein Passagier, (der erste der bei einem Motorflug ums Leben kam) Leutnant Thomas Selfridge, getötet wurde. Er selbst wurde bei dem Absturz schwer verletzt.

Kurz darauf wurden die ersten Flyer in Großbritannien in Serie gebaut. Alle sechs Maschinen, gebaut in Lizenz von dem Unternehmer Eustace Short, war schon vor der Fertigstellung verkauft. Die Brüder spornten viele Flieger zu immer größeren Anstrengungen in vielen Ländern an. Wilbur Wright gründete sogar in Pau in Südfrankreich eine der ersten Motorflugschulen. Orville stieß wieder hinzu, und gemeinsam machten die Brüder in der nachfolgenden Zeit Vorführungen in Italien und Deutschland.

vers. Wright Flyer im Kitty Hawk Museum

Blick von oben auf die Star- u. Landebahn bei Kitty Hawk

Derwitz Apparat Nachbau von  Otto Lilienthal, 1891 unternahm er damit in Derwitz seine Gleitflüge. (Aufn. Technikmuseum Berlin)

Wright Flyer von 1903 im National Air and Space Museum in Washington.

Im August 1908 führte Wilbur Wright einen Flyer, Modell 1907 in Le Mans vor und zeigt in 1909 in Pau, Frankreich, dem engl. König Edward VII.

Der Wright Flyer im National Air and Space Museum in Washington.

Startbahn u. Landebahn in Kitty Hawk mit den Konstruktionsgebäuden

Denkmal in Kitty Hawk zu Ehren des Erstfluges 1903.

Gedenktafel an die Brüder Wilbur und Orville Wright (Aufn. Kitty Hawk 2011)

Die Bilder wurde von J. Haas zur Verfügung gestellt

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