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Seefahrtarchiv oben
1908 – 1914 Johannisthal Flugplatz und
Wiege der deutschen Luftfahrt

„Auf dem Flugplatz… steht ein ganzer aviatischer Park. Der riesige waldumgrenzte Flugplatz… ist mit großen Tribünen versehen, von denen aus das Flugschauspiel prachtvoll zu beobachten ist… An gewöhnlichen Tagen wird in Johannisthal bei gutem Wetter immer von zahlreichen Piloten und deren Schüler geflogen, und der Zuschauer kommt fast stets auf seine Rechnung.“

 Bericht im Berliner Stadtführer von 1912

TEIL 1

Anfang des 20. Jahrhunderts kam es nach den erfolgreichen Versuchen der Gebrüder Wright zu zahlreichen Veranstaltungen in Europa auf denen man die neuesten Flugmaschinen bestaunen und mehr oder weniger auch fliegen sehen konnte. Zu dieser Zeit wurde hingegen in Deutschland fieberhaft an der Verwirklichung des Luftschiffbaus gearbeitet, wobei im Laufe der Zeit es auch zu beträchtlichen Leistungen kam. Der Flugzeugbau wurde deshalb zu Anfang vernachlässigt und es kam erst nach den vermehrten und auch erfolgreichen Versuchen im Ausland zu einer Belebung des Flugzeugwesens. 

Um einen zusätzlichen Ansporn für den deutschen Flugzeugbau zu erbringen, spendete 1908 der Mannheimer Lokomobilfabrikant Karl Lanz einen Preis von 40.000 Mark für den ersten deutschen Konstrukteur der seine Maschine in Deutschland gebaut und auch geflogen hatte. Zu dieser Zeit mangelte es aber in Deutschland an geeigneten Flugplätzen um diesen Wettkampf vorführen zu können. 1908 entschied man sich daher nach langer Suche für ein Gelände zwischen den damaligen Landgemeinden Adlershof und Johannisthal. Diese Gelände befand sich im heutigen Ortsteil Johannisthal, Stadtbezirk Treptow, in Berlin. Genaugenommen auf einem Areal das sich zwischen dem Teltow-Kanal und der S-Bahntrasse nach Grünau erstreckt.

Der Ortsteil Johannisthal war einstmals aus einer Ansiedlung von zehn Kolonistenfamilien unter der Regierung Friedrich des Großen entstanden und zur Zeit der Flugplatzgründung lebten dort bereits 4000 Menschen. Dieses Gelände wurde von der Forstverwaltung gepachtet und 1908 durch Angehörige des Eisenbahn Regiments I gerodet und eingeebnet. Der erste deutsche Flugplatz umfaßte zu Anfang ein Fläche von 2,1 Quadratkilometer und wurde durch einen 3 bis 4 Meter hohen Zaun umschlossen, der die nicht zahlenden Gäste fernhalten sollte. Das Rollfeld selbst war zunächst nur 800 Meter lang , 500 Meter breit und im Westen wurden die ersten Flugzeugschuppen einschließlich des Startplatzes mit Zielrichterhäuschen gebaut. Um die Flugeigenschaften besser demonstrieren zu können, wurden außerdem auf dem Flugfeld vier Wendemasten aufgestellt die zusammen eine Strecke von 2,5 Kilometer markierten.

1909 wurde allerdings schon vor der Eröffnung des Flugplatzes in Reims die Erste Internationale Flugwoche ausgetragen, so daß man in Johannisthal zu baulichen Maßnahmen gezwungen war. Diese umfaßten den Bau eines Postamtes und einer Zuschauertribüne mit Sitzplätzen. Am 26. September 1909 wurde der Flugplatz Johannisthal offiziell ohne einer Feier in Betrieb genommen. Als Träger wurde zunächst die Deutsche Flugplatz – Gesellschaft eingetragen, die sich später aber in Flug- und Sportplatz – Gesellschaft Berlin – Johannisthal umbenannte. Am Eröffnungstag wurde auch sogleich die erste Flugveranstaltung, die Große Berliner Flugwoche, eröffnet. Auf dieser Veranstaltung sollten ein Konkurrenzfliegen der ersten Aviatiker der Welt stattfinden. Von deutscher Seite aus wurde Herrmann Dorner, ein 27jähriger Schiffbauingenieur, mit seinem selbstkonstruierten Eindecker gemeldet. Die übrigen Flieger stammten überwiegend aus Belgien und Frankreich. Die Gesamtgeldpreise umfaßten hierbei schon eine Summe von 150.000 Mark.

Sieger dieser Veranstaltung wurde Henri Rougier. Dorner hingegen ging leer aus, da er mit seiner Maschine nur ein paar Hüpfer erreichte. Am 27. September wurde eine Berühmtheit nach Johannisthal gebracht. Dies war Hubert Latham, der bereist in den Tagen zuvor für das Kaufhaus Wertheim Schauflüge auf dem Tempelhofer Feld (heute der Flughafen Tempelhof) vorgeführt hatte und von dort über Rixdorf und Britz nach Johannisthal flog. Trotz des begeisterten Empfangs durch die jubelnden Zuschauer in Johannisthal war die Berliner Polizei nicht derselben Meinung und verpaßte ihm ein Strafmandat wegen groben Unfugs. Am 30. Oktober 1909 gelang dem ersten Deutschen, es war der Magdeburger Ingenieur Hans Grade, sein eigenes in Deutschland gefertigtes Flugzeug erfolgreich vorzuführen und somit den ersten Nachweis der Flugtauglichkeit zu erbringen. Der Flugplatz hingegen spielte trotz einiger Sensationen nicht die Unkosten ein und so kam es zu einer Änderung des Direktionspostens. Hatte zu Anfang noch der Charlottenburger Bauunternehmer Arthur Müller, dieser baute auch die Flugplatzbauten, noch diesen Posten inne so fiel dieser jetzt im Januar 1910 an Georg von Tschudi, ehemaliger Kompanieführer einer Luftschifferabteilung.

Dieser nahm sofort einige wichtige Umbauarbeiten in Angriff. So wurden z. B. die Tribünen und das Hauptrestaurant in die Nähe des S-Bahnhofes Johannisthal verlegt und die Flugbahn um 200 Meter verlängert. Ebenso wurde dadurch noch ein zweiter Startplatz in der Nähe des Haupteingangs eingerichtet. Die Eintrittspreise wurden nach Steh- , Tribünen- und Haupttribünenplatz gestaffelt. Beim Haupttribünenplatz konnte man sogar direkt vom Automobil aus die Flüge vom Flugfeldrand beobachten und das Postamt sowie das Flugplatzrestaurant benutzen. Aufgrund der erhöhten Preise, diese wurden von 0,50 bis 2,- Mark gestaffelt, kamen allerdings viele Besucher darauf, den Zaun zu überklettern oder die Flugzeuge von draußen zu beobachten. Einen freien Eintritt wurde hingegen den Mitgliedern des Kaiserlichen Aero-Clubs gewährt, die Ihr Clubhaus direkt am Startplatz benutzten. Im darauffolgenden Jahr kamen verstärkt auch deutsche Flieger und Flugzeugunternehmen, die sich in Johannisthal niederließen.

Zu einer der Ersten zählten hierbei die Flugmaschine Wright GmbH sowie die Albatroswerke. Diese Ansiedlung von zahlreichen Firmen stieß natürlich auf ein vermehrtes Interesse in der Bevölkerung und bald wurden in den Berliner Tageszeitungen ständig über die aktuelle Ereignisse berichtet. Durch die Vorverkäufe in zahlreichen Geschäften, erhoffte sich die Flugplatzgesellschaft noch ein zusätzlichen Verdienst bzw. Steigerung der Besucherzahlen. Als besonderer Service wurde in den Geschäften durch verschiedene Fähnchen signalisiert, ob in Johannisthal gerade Flugbetrieb herrschte oder nicht. Im Mai 1910 erfolgte wieder eine Flugwoche vom 10. – 16. Mai. Die deutsche Beteiligung war aber diesmal höher als die ausländische und so nahmen von den insgesamt 21 deutschen Flugscheinbesitzern, 14 bereits teil. Allerdings waren die hierbei eingesetzten Flugzeuge überwiegend aus ausländischer Produktion oder wurden nach ausländischen Mustern gefertigt. Im Anschluß an die Maiflugwoche wurde eine bemerkenswerte fliegerische Leistung durch den Württemberger Alfred Frey erzielt. Dieser flog am 23. Mai um 19:37 Uhr in seinem Doppeldecker den ersten Rundflug über Berlin (Buckow, Rixdorf, Tempelhofer Feld, Potsdamer Platz, Umkreisung der Siegersäule in 300 Meter Höhe, über die Linden entlang, am Schloß vorbei und wieder zurück nach Johannisthal).

Vom 7.-13. August 1910 wurde in Johannisthal die erste nationale Flugwoche veranstaltet, bei der nur Piloten deutscher Nationalität zugelassen waren. Zu dieser Zeit begann auch sich das Militär zunehmend für den Flugzeugbau zu interessieren und es wurden daher auch vom Preußischen Kriegsministerium mehr als die Hälfte der Preisgelder gestiftet. Der erst hiervon profitierende Wettbewerb war der am 28. August 1910 ausgetragene Wurfwettbewerb. Bei diesem mußte Papiertüten mit 3 kg schwerer Schlämmkreide, aus einer Höhe von 20 Meter zielgenau abgeworfen werden. 1910 interessierte sich auch der Lufschiffbau für Johannisthal und so siedelte sich auch dieser dort an. So war es z. B. in der Flugwoche vom 9.-16. Oktober 1910 nicht verwunderlich, als die Flugzeuge von einem Parseval Luftschiff begleitet wurden. Dieses Luftschiff hatte seine Heimat in einer auf der Nordseite des Flugplatzes eingerichteten Luftschiffhalle (82,5 Meter lang, 25,3 Meter breit und 25 Meter hoch). Eine zweite und größere war für später geplant. Das 70 Meter lange Luftschiff wurde überwiegend zu Passagier- und Lichtreklamefahrten, nachts über Berlin, eingesetzt. Eine Passagierfahrt kostete damals 100 Mark und die Flüge wurden vor- und nachmittags angeboten, wobei das Luftschiff maximal 16 Passagiere aufnahm. Im Oktober fanden zusätzlich zu den Herbstflugwochen auch Überlandflüge statt. Zu den zwei bemerkenswertesten zählten der von der Militärverwaltung ausgeschriebene Flug von Johannisthal nach Döberitz. am 17. Oktober 1910. und der am 30. Oktober unternommene Flug von Bork nach Johannisthal. Hierbei sollte auch geprüft werden, ob die entlang der Strecke aufgestellten drei Meter hohen Stangen mit weißgestrichenen Körben, als Orientierungshilfe dienen. Es stellte sich aber heraus, daß sie nicht Ihren Zweck erfüllen konnten.

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„Es scheint bei Flugplatzkatastrophen eine gewisse Anarchie unter den Zuschauern auszubrechen… Uns armen Fliegern wird da nämlich gestohlen, was nicht niet und nagelfest ist. So sah ich meine Mütze und Brille nicht wieder, Kapitän Engelhard fehlte seine wertvolle Kravattennadel. Ich meine, das ist gemeiner Leichenraub, sonst nichts.“

 Gerhard Sedlmayer nach dem Absturz bei der Herbstflugwoche von 1911

TEIL 2

Die vom 4. – 11. Juni 1911 ausgetragene nationale Flugwoche wurde zur Förderung des Nachwuchses ausgetragen. Zugelassen waren nur deutsche Piloten, die bei zuvorgehenden Wettbewerben noch keine Preisgelder über 5000 Mark erhalten hatten. Auf dieser Flugwoche kam es zu einer schrecklichen Unfall, als Georg Schendel gemeinsam mit seinem Monteur am 9. Juni starteten, um den von Hellmuth Hirth vor drei Tagen aufgestellten Höhenrekord zu brechen. Auf einer Höhe von 1680 Meter stürzte seine Maschine ab und beide Piloten fanden hierbei den Tod. Der geborgene Barograph zeigte eine neuen Höhenrekord beim Flug mit einem Passagier an. Dieser Unfall war aber nicht der erste in Johannsithal, sondern bereits am 11. Mai 1911 hatte der 23jährige Flugschüler Hans Brock bei einem Startversuch den Tod gefunden. und die Fahnen des Flugplatzes wurden hierauf auf Halbmast gesetzt. Einer der größten Veranstaltungen in Deutschland, der Deutsche Rundflug, vor dem I. Weltkrieg wurde am 11. Juni 1911 gestartet.

Ursprünglich war das hierbei von der B. Z. am Mittag gestiftete Preisgeld über 100.000 Mark für die deutsche Teilnahme an dem von der französischen Zeitung Matin geplanten Europa – Rundflug bestimmt gewesen. Diese Teilnahme scheiterte und so war für den Deutschen Rundflug ein Gesamtpreisgeld von knapp 500.000 Mark zur Verfügung gestellt worden. Der Rundflug umfaßte eine Gesamtstrecke von 1854 Kilometer und wurde auf 13 Tagesetappen verteilt (Berlin – Magdeburg – Schwerin – Hamburg – Kiel – Lüneburg – Hannover – Münster – Köln – Dortmund – Nordhausen – Halberstadt – Berlin). Beim Start am 11. Juni kamen insgesamt 500.000 Zuschauer nach Johannisthal und der Flugplatz platze aus allen Nähten. Die Vorortzüge waren völlig überfüllt und so fuhren viele Besucher auf den Wagendächern und Trittbrettern mit. Die Zufahrtsstraßen boten ein ähnliches Bild und waren von zahlreichen Gefährten versperrt. Grund für diesen Ansturm war nicht nur die Schilderungen der bisherigen fliegerischen Leistungen, sondern auch in zunehmenden Maße die tödlich verlaufenden Unfälle – die Sensationsgier zeigte erstmals Ihre Wirkung in Johannisthal.

Noch während des Deutschen Rundfluges fanden am 29. und 30. Juni 1911 der Kathreiner Flug von München nach Berlin statt. Sieger war Hellmuth Hirth, der die Strecke von 535 Kilometer mit Passagier in 5 Stunden und 41 Minuten zurücklegte. Bei den vom 24.9. – 1. Oktober stattfindenden Herbstwochen flog in Johannisthal die erste deutsche Pilotin, Melli Beese, erfolgreich und belegte mit Ihrer Rumpler Taube am Schluß den 5. Platz. Als erste Frau erzielte sie mit Ihrem Dauerflug über 2 Stunden und 9 Minuten einen neuen Weltrekord. Im Frühjahr 1912 wurden in Johannisthal weitere Weltrekorde geflogen. Einer wurde von Karl Grulich aufgestellt, als es ihm gelang mit drei jugendliche Passagiere (die Bestimmung über das Mindestgewicht von 75 kg für ein Rekordpassagier war noch nicht eingeführt worden) einen Flug von einer Stunde und 35 Minuten durchzuführen. Im gleichen Zeitraum wurden auch die ersten Funkflüge unternommen. Hierzu wurde ein Albatros Doppeldecker von der Telefunken Gesellschaft mit einer Sende- und Empfangsanlage ausgestattet. In einer Höhe von 600 m und einer Entfernung von 150 km erreichte man die Bodenstation in Nauen.

Vom 3. bis 14. April wurde in den Ausstellungshallen am Zoo die Allgemeine Luftfahrzeug Ausstellung (ALA) abgehalten. Auf dieser ersten Verkaufsausstellung der Flugzeug- , Motoren-, und Zubehörindustrie waren zahlreiche Firmen von Johannisthal vertreten, wie z. B. Albatros, Wright, Harlan und Rumpler. Am Eröffnungstag rief Prinz Heinrich von Preußen zu einer Nationalen Flugspende auf, um die Entwicklung der Flugzeuge, die Ausbildung derer Piloten, besondere Leistungen in der Fliegerei und Luftfahrttechnik und die Hinterbliebenen von verunglückten Piloten zu unterstützen. Am Jahresende hatte man insgesamt 7,5 Millionen Mark an Spenden eingenommen. Kaiser Wilhelm II stiftete außerdem noch einen Preis von 50.000 Mark für den besten deutschen Flugmotor, um die Leistung und Zuverlässigkeit der bisherigen Motoren zu steigern. Dieser Preis sollte an dem Geburtstag des Kaisers im Jahr 1913 übergeben werden. Am 20. April 1912 wurde die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt gegründet und siedelte sich auf der Adlershofer Seite des Flugplatzes an. Ihre Aufgabe bestand darin Flugzeuge und das Zubehör zu prüfen und so war einer Ihrer ersten Aufgaben auch die Überwachung des Wettbewerbs um den Kaiserpreis für den besten Flugzeugmotor.

1912 kam es in den letzten Maitagen bei der Frühjahrsflugwoche zu einem von dem Bund Deutscher Flugzeugführer (BDF) organisierten Pilotenstreik. Dieser wurde wegen den in zunehmenden Maße tödlich verlaufenden Unfällen durchgeführt und hatte zum Ziel daß bei zukünftigen Flügen für die medizinische Betreuung gesorgt werden sollte. Ihr Ziel wurde am 24. und 25. Mai erreicht als es zu tumultartigen Auseinandersetzungen kam und die Zuschauer wegen des Ausfalls Ihr Geld zurück verlangten. Flugzeugdirektor von Tschudi entschied daraufhin, daß bei den folgenden Tagen ein Arzt anwesend war. Vom 9. bis 12. Juni 1912 wurde in Johannisthal der erste internationale Flug, Berlin über Breslau nach Wien, abgehalten, den Hellmuth Hirth gemeinsam mit seinem Beobachter, dem Husarenleutnant Schöller, gewann. Um den Besucherstrom zwischen den jeweiligen großen Veranstaltungen nicht zu verlieren, wurde von Tschudi kleinere Wettbewerbe, meistens von der Industrie gesponsert, für die Piloten angeboten. Zu Anfang wurden aber diese zusätzlichen Wettbewerbe durch die Piloten boykottiert, da die ausgesetzten Preisgelder zu gering waren. Bei der Herbstflugwoche vom 29. September bis 6. Oktober 1912 wurde erstmals auch militärische Wettbewerbe ausgetragen. Ziel war es hierbei eine am Boden verankerte Luftschiffattrappe von 9 auf 80 Meter aus einer Höhe von 50 bis 100 Meter mit 5 kg schweren Wurfgeschossen zu treffen.

Zu dem ausgesetzten Preis, stellte das Preußische Kriegsministerium den Ankauf von zwei siegreichen Flugzeugen und der entsprechenden Ziel- und Abwurfvorrichtung in Aussicht. Das Jahr 1913 brachte eine Neuerung in das Berliner Sportleben, als erstmals in der Frühjahrsflugwoche vom 25. Mai bis 01. Juni ein Flugzeugrennen veranstaltet wurde. Für das Rennen wurden sechs Startbahnen jeweils mit einer eigenen Wendemarke versehen, da eine Rennanordnung nach dem Muster der Pferderennen nicht genehmigt wurde. Sieger dieses Schauspiels wurde Felix Laitsch, vor Bruno Hanuschke. Selbstverständlich wurde neben dieser Neuerung auch noch die üblichen Wettkämpfe angeboten. Auch die Fernflüge von Berlin nach Paris fanden einen entsprechenden Anklang beim Publikum, da am 18. April der Franzose Daucourt in 7 Stunden und 40 Minuten von Paris nach Berlin schon geflogen war. Am 12. Juli 1913 gewann Edmond Audemars den ausgesetzten Batschari Preis über 10.000 Mark, da er innerhalb eines Tages , wie es im Reglement stand, Paris erreichte. Die zunehmenden Besuche der französischen Flieger zeigte aber immer noch deutlich, daß das Ausland einen Vorsprung in der Flugzeugtechnik hatte. Erst im September war es soweit und der Deutsche Alfred Friedrich erreichte als Erster Paris.

Nach dem Rennen Rund um Berlin (30/31. August) und der Herbstflugwoche (28. September – 5. Oktober 1913), ereignete sich am 23. bis 25. Oktober eine Sensation auf dem Flugplatz von Johannisthal, als der Franzose Adolphe Pégoud auf einem Blériot Eindecker erstmals einen Kunstflug vorführte. Zu seinen Kunstflug gehörten Loopings, Rollen, kurze Rückenflüge, Törns, Sturzflüge und als Glanzleistung ein umgekehrter Looping. Dieser umgekehrte Looping wurde erst wieder 1928 von Gerhard Fieseler in die Praxis des Kunstfluges eingeführt. Natürlich hatte dieser enorme Massenansturm von Besuchern seine Nachwirkungen, als man nach den Veranstaltungen feststellen mußte, daß rings um den Flugplatz sich Unmengen von sog. Stullenpapier befand. Nach einer Auseinandersetzung aber mit der Gemeinde, konnte man sich auf eine Zahlung von 200 Mark, für den entstandenen Schaden, einigen. Zu einer weiteren Glanzleistung trug Felix Laitsch im Jahr 1913 bei, als er in 9,5 Stunden Königsberg erreichte und einen neuen Weltrekord aufstellte.

Aber Johannisthal war nicht nur für die dargebotenen Sensationen berühmt, sondern bereits 1913 wurden etwa die Hälfte aller Piloten dort ausgebildet und man konnte sogar den Nachtflug durch extra angebrachte Kennungen und Leuchtfeuer üben. Am 17. Oktober 1913 ereignete sich aber in Johannisthal eine furchtartiges Ereignis, als das neue Marineluftschiff L 2, dieses hatte seit dem 20. September dort Versuchs- und Übungsflüge unternommen, nach dem Aufstieg auf eine Höhe von 300 Meter in Brand geriet und explodierte. Die Bilanz waren insgesamt 28 Todesopfer. Das Jahr 1914 sollte aber wieder zu zahlreichen Erfolgen für die deutsche Luftfahrt führen, als verschiedene Weltrekorde wie z. B. für Dauer, Höhe und Distanz von Deutschen erkämpft wurden. So wurde im August 1914 nur der Geschwindigkeitsrekord noch von einem Franzosen gehalten. Ende März kam der französische Kunstflieger Adolphe Pégoud zum zweiten Mal nach Johannisthal um seine waghalsigen Flugfiguren zu zeigen. Diese Vorführungen fanden natürlich auch bei den deutschen Piloten immer mehr Anhänger und so wurde auch von diesen in Johannisthal Kunstflüge vorgeführt.

Zum bekanntesten Kunstflugpiloten in Deutschland wurde aber der in Johannisthal tätige Holländer Anthony Fokker. Otto Breitbeil gelang es sogar mit seinem viel schweren LVG Doppeldecker die Flugfiguren nachzufliegen. Zum größten Ereignis des Jahres wurde der Dreiecksflug vom 30. Mai bis zum 5. Juni 1914. Hierbei sollten dreimal in vorgeschriebenen Etappen die Strecke Berlin – Leipzig – Dresden geflogen werden. Diese Veranstaltung zeigte schon sehr gut die bisher erzielte Leistungsfähigkeit der Flugzeuge als z. B. schon beim Start innerhalb von 20 Minuten 35 Flugzeuge abhoben und Robert Janisch auf seinem LVG – Schneider Eindecker eine Geschwindigkeit von 165 km/h erreichte. Die bisher immer ausgetragene Frühjahrsflugwoche fanden 1914 nicht statt. Johannisthal selbst hatte sich in den wenig vergangenen Jahre sehr geändert, war es doch zu Anfang noch eine Ansammlung von Werkstätten verschiedener Individualisten, so befanden sich jetzt bereits richtige Fabriken dort. Dies läßt sich an den im August 1914 in Johannisthal angesiedelten Namen festhalten: Albatros, Rumpler, AGO (Aviatiker Gustav Otto), Jeannin, LVG und LFG (Luftfahrzeug-Gesellschaft). Der Ausbruch des Weltkrieges sollte dieses Bild nur noch weiter entscheidend beeinflussen als das Flugzeug zur Waffe wurde und somit Johannisthal zur Waffenschmiede.

Bleriot Eindecker (Nachbau) (eigene Aufn. Hahnweide 2005)

Lageplan des Flugplatzes Johannisthal, Sommer 1914.

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